Mutter Erde! Tränk in meiner Aue
Deine Kinder nun mit frischem Thaue,
Und erquicke diese lechzende Flur!
Selig ist der Unschuld die Natur!
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so dass bereits zu Lebzeiten Müllers ein Meinungsstreit darüber entstanden ist, ob seine Begabung im Literarischen oder im Bildnerischen höher anzusetzen sei. Dass er selbst sich in der Regel als „Maler Müller“ bezeichnete, sollte man nicht als Entscheidung in diesem Diskurs sehen, es hatte durchaus pragmatische Gründe, dass er sich so nannte. Davon später.

2. Heinse wie Müller teilen gemeinsam das Schicksal, Opfer der Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen zu sein. Beide waren vielseitig interessierte, stark individualistisch ausgerichtete Künstlernaturen: sie nippten aus den Quellen der Aufklärung ebenso wie aus denen des Sturm und Drang und auch noch der Frühromantik, und sie waren nicht bereit, sich dem mit großer Geste verkündeten Kunstprogramm einer wohltemperierten Humanität und Klassizität zu unterwerfen, das Goethe und Schiller in den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts als alleinseligmachend verkündeten. Beide bekamen deshalb einigen Ärger mit den Propheten aus Weimar und später mit den Literaturgeschichtsschreibern, die Mühe hatten, die beiden Künstler in ihren Epochenschubladen unterzubringen und sie deshalb, mit Hölderlin. Kleist und Jean Paul, in der Mappe „Sonderfälle“ einsargten. Die Nachwirkungen reichen bis heute: Weder für Heinse noch für Müller existieren bis jetzt wissenschaftlich verlässliche und vollständige Gesamtausgaben, doch werden diese Defizite seit einigen Jahren in Forschungsstellen angegangen, für den Schriftsteller Müller an den Universitäten Kaiserslauten und Saarbrücken, für sein bildnerisches Werk am Freien Deutschen Hochstift Frankfurt. Inzwischen sind die Briefe Müllers in einer vierbändigen Ausgabe mit einem ausgezeichneten Kommentar erschienen.

3. Ein dritter Grund für die Wahl Müllers zu einem Vortrag an Heinse-Gedenkstätten ist in der gemeinsamen Italien-, genauer gesagt, Rom-Sehnsucht zu sehen. Während Müller die Chance ergriffen hat, im Alter von 29 Jahren eine Romreise anzutreten, die sich dann auf insgesamt 47 Jahre bis zu seinem Tode ausgedehnt hat, machte sich Heine 1780 auf die Socken – ganz wortwörtlich, weil er aus Geldnot große Teile des Wegs über die Schweiz, Marseille, Genua, Venedig und Florenz zu Fuß bewältigen musste – er wird nach der Ankunft in Rom für die längste Zeit seines Aufenthalts von Müller aufgenommen und kehrt unter ähnlichen Reiseumständen nach drei Jahren im Herbst 1783 wieder nach Düsseldorf zurück.

Und schließlich gibt es in Aschaffenburg einen lokalhistorischen Grund für einen Vortrag über Friedrich Müller. Ein Großteil seines grafischen Oeuvres ist nach langen Irrwegen im Goethehaus der Stadt Frankfurt gelandet und wird vom Freien Deutschen Hochstift betreut. Doch sind immer wieder einzelne Zeichnungen und Radierungen in den Kunsthandel gekommen. So konnte das Aschaffenburger Schlossmuseum 1961 sechs Blätter erwerben, welche Teil einer größeren Kunstsammlung zur Grafik des 18. und 19. Jahrhunderts waren, die ein Miltenberger Architekt angelegt hatte. Diese sechs Blätter waren Friedrich Müller zugeschrieben, obwohl sie mehrheitlich nicht signiert sind. Im Auftrag der Aschaffenburger Museumsleitung hat der Kunsthistoriker Gerhard Kölsch vom Freien Deutschen Hochstift vor einigen Jahren die genaue Urheberschaft festzustellen versucht und darüber im Jahrbuch des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg aus dem Jahre 2001 berichtet (S. 275 – 293). Nur eine Zeichnung ist leicht zu identifizieren gewesen, sie trägt das Signum „Müller fecit“, drei weitere konnten
Müller als sicher zugeschrieben werden, die übrigen zwei stammen mit einiger Wahrscheinlichkeit von Franz Kobell, der ebenfalls lange Zeit in Rom gelebt hat. Ich möchte Ihnen hier nur das signierte Müller-Blatt zeigen:
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J.J.Wilhelm Heinse
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